MLK-Gedenkmärsche 2011 / Foto, Danke!: FBI probing MLK route bomb for racial motives |
Was den diesjährigen Martin-Luther-King-Tag international in die Schlagzeilen brachte, wurde erst nachträglich so richtig bekannt: In Spokane, Washington hatte man kurz vor Beginn eines Bürgerrechtsmarsches zu Ehren Martin Luther Kings eine Rohrbombe in einem Rucksack entdeckt. Zwar wurden einige Häuser sofort evakuiert und die Startlinie des Marsches verlegt, aber die Demonstration fand ansonsten auf Anraten der Polizei in geplanter Weise statt.
Erst im Nachhinein ist die Aufregung nun groß, denn die Bombe sei voll funktionstüchtig und höchst gefährlich gewesen, war von Seiten der Polizei zu hören. Wem sie allerdings gegolten habe und warum sie gerade hier im hohen Nordwesten der USA gelegt wurde, war bislang von den Behörden nicht eindeutig in Erfahrung zu bringen. Auch bei einer Gedenkveranstaltung in Colorado soll es einen Angriff gegegben haben.
Menschen versammeln sich vor dem Marsch/ Foto, Danke!: Backpack Bomb Found At MLK Event Rattles Spokane |
Die Frage nach dem Warum stellt sich den meisten Teilnehmern dieses und vieler weiterer Memorial-Märsche in den USA am 17. Janunar allerdings erst gar nicht - und den meisten anderen Schwarzen Amerikas auch nicht. Das Klima ist bekanntlich z.Z. politisch sehr aufgeheizt in den Vereinigten Staaten, die Stimmung – auch zwischen den Rassen – ist gereizt. Und obwohl sich viele Amerikaner kaum noch an die Zeiten des großen Bürgerrechtlers genau erinnern können, hat sich soviel nun auch wieder nicht geändert im Zusammenleben von Schwarz und Weiß. Das zeigt auch eindrucksvoll die aktuelle Kampagne der Weißen Rassisten im Net, die auch die Martin-Luther-King-Facebooksite am Gedenktag beschmutzen und dann lahm legten. Auch aktuelle politische Aktionen und Beschimpfungen eines US-Gouverneurs in Richtung MLK zeugten davon, dass die Lage auch heute noch sehr weit von „normal“ entfernt ist.
Vandalismus auf der Facebook-Seite/Foto, Danke!: Facebook Page Created For MLK Center Vandalized Over Holiday |
Die Frage, was es denn bedeute, in unseren Tagen frei zu sein, wird auch deshalb an diesem Tag wiederholt in den Schwarzen Medien gestellt. Und auch, was Black Leadership heute bedeutet und nach den heutigen Schwarzen Bürgerrechtlern und Männern mit wirklichem Einfluss wird gefragt. Einige, wie der Reverend Al Sharpton – von vielen als Kings einziger legitimer Nachfolger gesehen – oder Jesse Jackson und Andrew Young, seine alten Kampfgefährten, melden sich an diesem Tag natürlich auch selbst zu Wort.
Rev. Al Sharpton mit Präsident Obama / Foto, Danke!: Is Sharpton the closest thing we have to a King? |
Die Schwarze Presse stellt auch – wie jedes Jahr wieder – laut die Frage: Was würde Martin heute tun und sagen? ( Auch Titel eines neuen Buches in USA). Und die Autoren stellen zahlreiche Vermutungen an, wie sich MLK zu dem einen oder anderem Problem unserer Tage stellen würde. So manch einer erdreistet sich dann auch – wie z. B. das Pentagon – den Bürgerrechtler für seine eigenen, offensichtlichen Ziele zu interpretieren und zu verwerten. Am Besten ist es allerdings, man lässt die Bürgerrechtsikone selbst dazu sprechen und seinen auch heute noch gültigen Rat zu dieser Frage geben.
Dr. Martin Luther King jr./ Foto, Danke!: If Alive, MLK Would Be Married To A White Woman, Living In Africa |
Vielfache Ehrungen wurden dem Bürgerrechtler an diesem Gedenktag wieder zuteil, doch es wurde auch gemahnt, dass Dr. Martin Luther King auch heute mehr sein müsse für die Schwarze Community als lediglich ein Mythos - und das sein Andenken nicht vergessen werden dürfe. Tatsache sei, dass sich viele Schwarze der neueren Generationen kaum mit den Zielen, dem Kampf und der Geschichte Martin Luther Kings beschäftigt hätten und herzlich wenig wüssten, über den Mann, dem der MLK-Tag nun seit 25 Jahren als offizieller Feiertag aller Amerikaner gewidmet sei. Aus diesem Grund, wird überall vielfach an die Taten und die Ereignisse jener Zeit vor fast einem halben Jahrhundert erinnert, die wichtigsten Reden werden aufgelistet und die eindringlichsten Kampfeslieder sowie die Soul-Balladen, die an ihn und seine Zeit erinnern, werden aufgezählt. Die Geschichten hinter den bekannten Geschichten – wie die von den Hintergründen der „I have a Dream“-Rede – sind dabei wohl am interessantesten.
Nichelle Nichols von Star Trek erinnert sich an MLK / Foto, Danke!: Nichols: MLK convinced me to stay on 'Star Trek' |
Allerdings habe ich 2011 nun zum ersten Mal Artikel gefunden, die MLK weitaus kritischer angehen als bisher: Die damals vom FBI zur Denunzierung enthüllten Frauengeschichten des Bürgerrechtlers werden auch an seinem Gedenktag aus der Versenkung geholt, wo sie von der Black Community immer schon am liebsten belassen worden sind. Einige junge Autoren fragen sich, ob die zahlreichen Ehebrüche des Vorbilds King seinem Lebenswerk geschadet haben – andere listen die Frauen, die ihn zu Lebzeiten tatkräftig unterstützt haben, gar auf. Man fragt sich, wie und wo Bruder Martin wohl heute leben würde, und die Antwort – mit einer weißen Frau in Afrika - wird bestimmt nicht für jeden nachvollziehbar oder gar erfreulich sein. Aber die Tatsache, dass am Andenken MLKs derart offensiv gekratzt wird, zeugt von einer ganz neuen Dimension des Erinnerns in der Black American Community 2011. Kein Wunder, dass da so mancher nach mehr Respekt im Umgang mit der Ikone ruft.
Auf die Größe und Wichtigkeit des Lebenswerks von Dr. Martin Luther King jr. - und auf seine Bedeutung für alle Menschen - wird die distanziertere Sichtweise von 2011 aber auch in Zukunft keinen entscheidenden Einfluß nehmen können, denn viele Menschen überall in der Welt haben seine Überzeugungen zu ihrem Lebensmotto gemacht.
Auch heute noch gültig: MLKs Botschaft / Foto, Danke!: In Honor of Dr. Martin Luther King's Birthday, Women Rallied Against Violence in the Nation's Most Dangerous City |
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