Mittwoch, 3. November 2010

Barack Obama - Amerikas schwarzer Prügelknabe

Bei so viel Einfallsreichtum darf das hier natürlich nicht fehlen: Obama mit kleinem Hitler-Bärtchen. Doch wie passt das eigentlich mit den außenpolitischen Forderungen der Konservativen zusammen? Die USA hätten den Respekt der Welt verloren und seien pleite, sagte der republikanische Kongressabgeordnete Mike Pence bei der Kundgebung in Washington © Nicholas Kamm/AFP


In wenigen Stunden werden wir es wissen: Lässt sich ein "gefürchtetes" Wahlergebnis einfach so und auf gut Glück herbeireden bzw. herbeischreiben und - senden?
In jedem Blatt war es nachzulesen, jeder Sender verkündete es rund um die Uhr, dass man für Barack Obama eine ganz herbe Niederlage erwartet bei den heutigen Midterm-Wahlen der Vereinigten Staaten von Amerika. Dabei steht der Präsident überhaupt nicht zur Wahl! Gewählt werden - wie immer zur Halbzeit der Regierungsperiode - die beiden Kammern des Parlaments, das Repräsentantenhaus und der Senat  - beide angesiedelt in der zweiten Hochburg von Amerikas  Macht neben dem Weißen Haus, im ehrwürdigen Capitol.


Dass auf Grund dieser Parlamentswahlen meistens  - zumindest aber doch in schöner Regelmäßigkeit - eine wichtige Verschiebung dieser Macht stattfindet, das weiß jeder, der schon ein paar Legislaturperioden der amerikanischen Regierungen verfolgt hat. Der auch anderswo gebräuchliche Ausdruck "Lahme Ente" verdankt seine Popularität eben dieser Verschiebung, denn meistens bleibt der US-Präsident danach für die zweite Hälfte seiner Amtszeit politisch gelähmt, zumindest aber stark eingeschränkt. Der Wählerwille hat dann nämlich meistens der bei den Präsidentenwahlen politischen Verliererpartei  nun eine Mehrheit beschert, die ein Regieren  hauptsächlich da erschweren bzw. fast unmöglich machen, wo es um Gesetze und Entscheidungen geht, die der Absegnung der beiden Kammern des Parlaments bedürfen.


Die letzte erdrutschartige Verschiebung auf dieser Basis traf BillClinton in der Mitte seiner ersten Amtsperiode. Doch ihm und den Demokraten blieben zwei weitere Jahre, um aus der großen Midterm-Niederlage einem erneuten Siegeszug bei den nächsten Präsidentschaftswahlen herauszuholen. Was ihm mit großer Mehrheit auch gelang und ihm eine zweite Amtszeit bescherte.


Barack Obama hat nun beste Aussichten auf einen ähnlichen Ablauf. Dass er z.Z. so ausgezählt wirkt, liegt neben einem rasanten Arbeits- und Reise-Tempo auch an vielen, lauten Presseleuten, die seinen "apokalyptischen Absturz"  täglich gebetsmühlenartig aufs Neue herbeizureden versuchen.
Das ewige Berichten über Amerikas Probleme ist zu langweilig geworden für die Leser und Hörer, wie viel interessanter läßt es sich da doch von politischen Wadenbeißern und Möchte-Gern-Politikern schreiben, denn die verstehen es noch dazu sich von ganz allein recht bunt und aufreizend in Medien-Stellung zu bringen. Und ja: Wirklich nette, unterhaltsame Geschichtchen sind dabei herausgekommen in den letzten Monaten: von Fernsehmoderatoren, die offen Wahlkampf machen, bzw. Verteufelung betreiben z.B. oder von KandidatInnen, die zuvor schon als Hexen, Astrologen oder Knasties das Scheinwerferlicht gesucht haben.

Es geht natürlich noch ein bisschen simpler, schließlich hat man im konservativen Amerika den alten Feind im Osten nicht vergessen: Obama ist ein Kommunist, das will wohl dieser Demonstrant mit seinem Hammer-und-Sichel-Shirt sagen © Nicholas Kamm/AFP 4/ 10/ DANKE!/Fotostrecke zu: US-Kongresswahlen: Dauerfeuer von rechts - S.4 - Politik | STERN.DE

Viel schlimmer aber ist die (zumindest!) äußerst laxe Art, die absolute Respektlosigkeit mit der man in Amerika heute dem amtierenden Präsidenten begegnet. Nicht einmal zu Zeiten des abgesetzten, intriganten Richard Nixon, in Zeiten des offen lügenden Bill Clinton oder des völlig unfähigen Kriegsanzettlers George W. Bush haben es sich politische Gegner oder Medien, schon gar nicht einfache Bürger gewagt, den amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten als Verbrecher, als Terroristen, als neuen Hitler in aller Öffentlichkeit zu beschimpfen.  Täglich in allen Medien wiederholte ganz offensichtliche Lügen über seine Religionszugehörigkeit, seine Staatsbürgerschaft, sein Geburtsland und seine politischen Ziele wirken daneben fast noch harmlos. Für alles, was schief läuft in USA und in der Welt, scheint es jetzt ja - wie zu Zeiten der Sklaverei - einen kleinen, Schwarzen Prügelknaben im Weißen Haus  zu geben.


Und noch ein Angriff auf Obama: "Nicht mein Gott" titeln die zumeist religiösen Rechten - und drücken dem US-Präsidenten auf dem Plakat etwas Lektüre von Karl Marx in die Hand © Nicholas Kamm/AFP/Danke!/Fotostrecke zu: US-Kongresswahlen: Dauerfeuer von rechts - S.9 - Politik | STERN.DE

Dass es für den ersten Schwarzen US-Präsidenten der Geschichte  und seine Administration nicht leicht sein würde, die Erwartungen vom politischen Messias Amerikas aufrechtzuerhalten, das haben alle und ganz besonders Barack Obama selbst von Anfang an gewusst. Dass es schwer sein würde, ein so tief in fundamentalen Problemen steckendes Riesenland auf einen guten Weg zu bringen, daran hat vor zwei Jahren auch niemand gezweifelt. Und dass diese präsidiale Riesenaufgabe nicht in aller kürzester Zeit zu bewältigen sein würde - wer hätte denn daran je ernsthaft gezweifelt?.


Barack Obama hat in den vergangenen 24 Monaten mehr auf die Reihe bekommen und politisch auf den Weg gebracht als irgendein anderer amerikanischer Präsident in einem vergleichbaren Zeitraum. Und da waren die Vereinigten Staaten nicht in einer ähnlich schweren wirtschaftlichen und politischen Krise wie heute. Die tiefgreifende Sinn-Krise zeigt doch schließlich in diesen Monaten überall auf der Welt ihre hässlichen Fratzen, nicht nur in Amerika.
Warum soll nun einer dafür den Preis der Niederlage bezahlen, der den großen Messias-Hype von 2008 immer zurückgewiesen hat, der viel geleistet hat in seinem Amt, aber der eben nicht damit geprahlt hat wie es sonst alle tun in der Politik? 




Ich jedenfalls bin überzeugt davon, dass sich heute Nacht zeigen wird, dass viele ernsthafte amerikanische Wähler ihrem Votum von vor zwei Jahren treu geblieben sind. Dass auch sie weitervertrauen wollen auf einen Mann, der immer wieder bewiesen hat, dass Integrität, Ernsthaftigkeit, Bescheidenheit und Durchsetzungswillen zu seinen Charakterstärken zählen und der noch lange nicht aufs Abstellgleis gehört.

US-Präsident Barack Obama / Foto: Getty Images / Danke!

Zwei Dinge jedenfalls sind glasklar: Die Oper ist niemals zuende bevor nicht die dicke Dame gesungen hat.


Und, Dear Fellow-American Voters: Barack Obama ist - und bleibt auch in Zukunft - unser aller Präsident!


Bitte beachten Sie die zahlreichen Links hinter dem link-unterstrichenen Text!
Bitte beachten Sie auch die  Fotostrecke zu: US-Kongresswahlen: Dauerfeuer von rechts - Politik | STERN.DE

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