Montag, 6. Dezember 2010

Gesucht: Europas Schwarze Powerfrau

Pic: Mark Derek McCullough/Black Women In Europe™

Das ist ja ne tolle Idee! – war mein erster Gedanke als ich in unserem gemeinsamen Blog „The Afro Spear“ von der Aktion las. 

Die Bloggerinnen der Initiative „Black women in Europe“  haben sich – inspiriert von der Wahl Michelle Obamas zur mächtigsten Frau der Welt – auf die Suche gemacht nach der mächtigsten Schwarzen Frau Europas. Adrianne George, die Chefredakteurin und Initiatorin des Blogs „Black women in Europe“ und nun auch dieser Suche, hat sich im Vorfeld viel Mühe gemacht, und mittlerweile steht auch eine Auswahlliste mit 58 Schwarzen Frauen zur Verfügung und im Net. 

Ich konnte gar nicht schnell genug nachschauen, wer denn da nun alles draufsteht….Und wusste plötzlich, dass es da trotz der ganz tollen Idee ein ziemlich großes Problem gibt. Mindestens eins.

Das Grund-Problem ist natürlich, dass es Europa – als zusammengehörendes Ganzes – so wie die Vereinigten Staaten von Amerika eben noch längst nicht gibt. Oder können Sie auf Anhieb eine „mächtige“ Frau nennen, aus Großbritannien etwa, den Niederlanden oder aus Frankreich. Und noch dazu eine mächtige SCHWARZE Frau (obwohl es in den genannten drei Ländern ja nun seit Jahrzehnten schon wirklich sehr viele Schwarze Frauen im Alltagsleben gibt.) Mir jedenfalls fällt auf Anhieb und mit Namen keine Politikerin, keine Managerin und auch keine Journalistin oder Künstlerin Schwarzer Hautfarbe ein, die sich in ihrem Land soweit an die Macht durchgeboxt hat, dass man sie in ganz Europa kennt.



Nicht, dass es keine bekannten und durchaus beliebten Frauen schwarzer Hautfarbe geben würde in unseren Ländern, aber bekannt heißt ja noch lange nicht „mächtig“. Gehört die wunderbare französische Schriftstellerin Marie N’Daye – bislang eine der Favoritinnen auf der Kandidatinnenliste – wirklich dazu? Und wenn, dann warum? Weil sie mächtige Bilder in den Köpfen und Herzen ihrer Bestseller-Leserschaft aus aller Welt entstehen lässt, die vielleicht ja eines Tages etwas werden mit-bewegen können an anderer, politisch relevanterer Stelle in Europa?
Viel bewegt hat auch eine der anderen Frauen, die ganz vorne liegt im Rennen um die neu ausgeschriebene europäische Position: Naomi Campbell, die Britin, hat mit ihrem jahrelangem Einsatz für gerechtere Zustände auf und hinter den Laufstegen viel dazu beigetragen, dass ein Bewusstsein entstehen konnte für die Ausgrenzung Schwarzer Modells in der internationalen Modebranche. Aber Popularität, Berühmtheit oder gar Ruhm ist trotz allem keine MACHT, denn die kann doch unmöglich allein davon abhängig sein, dass möglichst viele Menschen den Namen, das Gesicht und vielleicht ja sogar auch die Vita der Frau kennen.

Naomi Campbell

Wenn dem so wäre, dann müssten aber noch sehr viele andere Frauen ganz oben auf der Liste stehen, wie Marianne Jean Baptiste z.B., die Engländerin mit der ganz großen aktuellen USA-Karriere. Viele kennen ihr Gesicht aus der hier in Deutschland immer noch in Wiederholungen gezeigten US-Fernsehserie „Without a trace“ und aus dem Kino, wo sie erst kürzlich mit etlichen Hollywood-Verfilmungen zu sehen war. 

Marianne Jean Baptiste /Danke! Bild unter: www.fbidramas.com/.../


Zum oben schon genannten kommt mit ihr noch ein anderes, neues Problem dieser verflixten Wahl ins Spiel: Sie ist zwar eindeutig Europäerin, aber sie lebt und arbeitet in Amerika. 
Na gut, das ist ja durchaus noch zu vertreten. Aber was ist dann mit all den anderen Schwarzen Frauen auf der Liste, die eindeutig Amerikanerinnen sind - hier mehr oder weniger bekannt - die ihren Lebensmittelpunkt aber in Europa haben, zumindest vorübergehend…? 

Und was bitte ist mit all den vielen Schwarzen Frauen, die aus Afrika stammen, wo Frauen traditionell durchaus wirkliche Machtpositionen innehaben können? Zählen die mit, all die Asylantinnen, Diplomatinnen, Händlerinnen und Ehefrauen aus Afrika als hier nun „in Europa“? Und wenn ja, wird dann auch ihr afrikanisches Vorleben „angerechnet“ beim Ausscheidungs-Berechnen ihrer preisverdächtigen Macht? Und…? Und…? Und…?

Verkäuferin in Notting Hill/London/Photo: Danke!: news.bbc.co.uk/2/hi/in_pictures/5306056.stm
Alle diese – und möglichst viele, viele mehr! - Frauen lassen sich als Ganzes wunderbar mit einem Blog ansprechen, der ihre verschiedenen Lebenswelten berührt und sie als Gruppe zusammenfinden lässt. Doch reicht das als einziges Auswahl-Kriterium -  als Solidaritätsbasis schon,  wohlgemerkt! - wirklich aus, um daraus die „mächtigste“ Schwarze Frau Europas zu zimmern?

Ich finde die Idee immer noch ganz toll – doch leider weiß ich nun auch, dass sich noch vieles ändern muss, damit so eine kleine, liebevolle Aktion einfach mal so erfolgreich und leicht über die Bühne gehen kann. Bis dahin aber sollten wir alle uns schon mal umschauen nach unserer ganz persönlichen Kandidatin! In ganz Europa und da, wo wir in Wirklichkeit auch nicht allzu viele Schwarze Frauen kennen, die was bewegen in der Welt und die in Frage kämen als mächtigste Schwarze Frau Europas – zuhause nämlich, in unserem eigenen Land.

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